FHO Der Zeichner – Ein Traumwandlerischer Parcours.

13.03.2012 – 17.06.2012

Fritz von Herzmanovsky-Orlando, österreichischer Schriftsteller und Zeichner, wurde am 30. April 1877 als Friedrich Josef Franz Ritter von Herzmanowsky in Wien geboren. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums absolvierte er 1896-1903 ein Hochbaustudium an der Wiener Technischen Hochschule. Innerhalb der folgenden eineinhalb Jahre lernte er seinen dann lebenslangen Freund Alfred Kubin kennen und fand in München Anschluss an den Kreis der „Kosmiker“ um Karl Wolfskehl, Ludwig Klages und Alfred Schuler. Herzmanovsky-Orlando arbeitete 1904/05 als Angestellter, danach als selbständiger Architekt. 1911/12 gab er wegen schmerzhafter chronischer Nierentuberkulose seinen Beruf auf. Da er von Haus aus finanziell unabhängig war, lebte er von da an als Privatier für die Kunst, zeichnete, sammelte, restaurierte und schrieb. 1916 übersiedelte er krankheitshalber in das bis 1918 österreichische Meran. Durch den Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich 1938 deutscher Staatsbürger geworden, zwang die Optionsvereinbarung Herzmanovsky-Orlando, Südtirol 1940 zu verlassen. Da er krankheitsbedingt nicht nördlich der Alpen leben konnte, zog er nach Malcesine am Gardasee. Erst 1949 kehrte er nach Meran zurück und lebte dort bis zu seinem Tod 1954 auf Schloss Rametz.

Der „anarchische Chronist“ Altösterreichs konnte zu Lebzeiten nur wenig veröffentlichen, und viele seiner Werke liegen nur in skizzenhafter Form vor. Sein umfangreiches schriftstellerisches Werk, das vorwiegend aus Prosa und Theaterstücken besteht, brachte ihm den Ruf eines begnadeten, humanistisch fundiert gebildeten Phantasten ein.

Weniger bekannt ist Herzmanovsky-Orlandos bildnerisches Schaffen. Als Schriftsteller anerkannt und populär, ist sein grafisches Werk ein wenig im Schatten geblieben, wie Paul Flora schreibt. Der Künstler hat seine Einfälle nicht allzu sorgsam und nur für sich auf Kanzleipapier, Briefumschlägen, Abrechnungen oder Geschäftsbriefen gezeichnet und diese seriösen oder suspekten Unterlagen mit chimärischen und erotischen Szenen gefüllt. Die größte Ernte hat er dabei in den Jahren 1918 bis 1920 eingebracht, als ihn in Meran „ein Bombardement der sonderbarsten Ideen“ überkam. Auf dieser Irrfahrt ins Surreale geriet er an die seltsamsten Orte, an Quellheiligtümer, an die Geheimnisse der Venus, an verwitterte Gedenksteine; er begegnete auf seinen Wegen allerhöchsten Herrschaften, aus- und inländischem Adel, Figuren zweifelhafter Provenienz, Abschaum aus der Hölle und aus dem Reich der Täuschungen – und, nach Paul Flora, vielen anderen mehr. Dabei könnte der Schöpfer derart komischer, satyrischer und ironischer Bilder leicht unterschätzt werden – seine heiteren Bilder aber sind ernsthafte Themen und ernsthafte Kunstwerke.

Das bildnerische Werk Fritz von Herzmanovsky-Orlandos wird in einer umfangreichen Sonderausstellung Schloss Tirols, welche in Zusammenarbeit mit dem Oberösterreichischen  Landesmuseum Linz und dessen Direktor Dr. Peter Assmann entsteht, der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Gleichzeitig erscheint eine umfangreiche Begleitpublikation zum zeichnerischen Werk FHO’s, herausgegeben vom Kunstexperten Manfred Kopriva. Auch ist eine Inszenierung eines Theaterstückes FHO’s in Vorbereitung.

Zachor – Juden im südlichen Tirol im 19. und 20. Jahrhundert

06.07.2012 – 30.11.2012

Zu den Aufgaben eines landesgeschichtlichen Museums, welches sich von Anbeginn seines Bestehens an einer kompromisslosen kulturhistorischen und interdisziplinären Aufarbeitung und Vermittlung der Territorialgeschichte verpflichtet hat, gehört auch das Aufgreifen jener Themen, die aufgrund ihrer politischen Brisanz, ihrer Komplexität und nicht zuletzt der besonderen Schwierigkeit in der Vermittlung ihrer Inhalte von Historikern und Ausstellungsmachern eher gescheut werden. So hat Schloss Tirol in den vergangenen 20 Jahren neben Sonderausstellungen, die mittels markanter Gestalten unserer Kulturgeschichte versucht haben, den Zeitgeist ganzer Epochen heraufzubeschwören, auch eine Reihe von Ausstellungen konzipiert und realisiert, in denen nicht einzelne Persönlichkeiten, nicht einzelne Künstler, sondern dramatische Ereignisse, die Geschichte von Randgruppen und Außenseitern im Mittelpunkt standen.

Dass man einer ehrlichen Konfrontation mit der wechselvollen Geschichte der jüdischen Bevölkerung Tirols, mit der von Vorurteilen und Verfolgung geprägten Beziehungsgeschichte zur christlichen Bevölkerung dieses Landes, aber auch mit jener der vielen erfolgreichen Beiträge in allen Sparten der Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur allzu lange aus dem Weg gegangen ist, war uns schmerzlich bewusst. Deshalb die Tagung im November 2011 auf Schloss Tirol „Jüdische Lebensgeschichten aus Tirol vom Mittelalter bis in die Gegenwart“. Deshalb das übergreifende Projekt zur jüdischen Geschichte Tirols „Shalom Aleichem“ in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Meran, mit Schloss Runkelstein, dem Touriseum, dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, dem Jüdischen Museum Hohenems und den Soiréen auf Schloss Tirol.

Für das Thema der diesjährigen Sonderausstellung mussten wir nicht in die Ferne schweifen: Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Merans mit ihrem vielschichtigen Beziehungsnetz im gesamten Raum des historischen Tirol und weit darüber hinaus, mit dem vollen Spektrum an Licht- und Schattenseiten, bot sich als nahezu idealer Einstieg an in die Thematik der jüdischen Geschichte in ganz Tirol. Dass die Ausstellung auf Schloss Tirol stattfindet, hat seine besondere Bedeutung, gilt Schloss Tirol ja als das Symbol des Tirolischen Geschichtsbewusstseins schlechthin.
Möge diese Veranstaltung einen neuen Impuls zur Auseinandersetzung und wissenschaftlichen Aufarbeitung dieses für unsere Landesgeschichte so bedeutenden Themas geben; und möge sie vor allem dazu beitragen, die Mauern alter Ängste und Vorurteile zu durchbrechen: Zachor – vergiss nicht!, und Shalom Aleichem – der Friede sei mit Dir.

Hast du meine Alpen gesehen? – Eine jüdische Beziehungsgeschichte.

06.07.2012 – 30.11.2012

„Wenn ich vor Gott stehen werde, wird der Ewige mich fragen: Hast du meine Alpen gesehen?“
… soll der Begründer der jüdischen Neo-Orthodoxie, Samson Raphael Hirsch, in den 1880er Jahren gesagt haben, bevor er die Schweiz besuchte.
Was hat es mit der Anziehungskraft der Berge auf sich? Wem gehören sie? Warum suchen wir die Begegnung mit ihnen?

Lassen Sie sich auf eine Entdeckungsreise durch Zeit und Raum entführen, auf eine Reise durch die Welten der Sommerfrische und des Alpinismus, zu den Träumen von Heimat und Grenzüberschreitungen, Tradition und neuen Erfahrungen, durch die Widersprüche von Integration und jüdischer Neubesinnung. Seit Moses, dem ersten „Bergsteiger“ der Geschichte, haben jüdische Männer und Frauen an der Schwelle von Himmel und Erde nach der Verbindung von Geist und Natur gesucht – und nach den Gesetzen und Grenzen der Vernunft.

In den Alpen fanden sie freilich nicht nur den alle Menschen verbindenden „Spielplatz Europas“, sondern den Kampfplatz der Ideologien des 20. Jahrhunderts. Liberale und Nationalisten, Moderne und Romantiker, sie alle kämpften um ihre Vorstellung von „den Alpen“. Hier wurde Zugehörigkeit und Identität erkämpft – und verweigert.

Begegnen Sie jüdischen Bergsteigern und Sammlern, Pionieren des Skisports und des Tourismus, Badeärzten, Forschern und Künstlern – und ihrer Leidenschaft für die Berge. Konfrontiert mit Ausgrenzung und Antisemitismus haben viele von ihnen Europa verlassen müssen. Die Sehnsucht nach den Alpen haben sie mitgenommen.

Heute sind die Alpen beides: der Treffpunkt gläubiger Juden aus aller Welt und der Ort ganz und gar weltlicher Erfahrungen. Was ist daran jüdisch? Diese Frage wird jeder für sich anders beantworten.

Jörg Hofer, Maler.

17.08.2012 – 30.09.2012

Jörg Hofer entwickelt seine Bilder und Bildfolgen aus Mut zur Langsamkeit mit hoher Konzentration und höchstem Selbstanspruch. Der Lohn dieser Arbeit sind Objekte und Bilder von einer Glaubwürdigkeit und Tiefe, die auch an die Beschreibung hohe Ansprüche stellen.

Diesen Maler über seine Akademielehrer, die Preise und internationale Anerkennung, die Zuordnung zu einer Strömung, selbst eine örtliche Verankerung legitimieren zu wollen, böte reichen Spielraum, würde aber weder seiner Haltung als Maler noch dem Wesen der Arbeiten gerecht. Auch einer noch so qualitätvollen und sorgfältigen Abbildung widersetzen sich diese alchemistischen Datenträger widerspenstig. Um ihre chromatische Urkraft zwischen Wassertönen und rotem Feuer fließen zu lassen, brauchen sie die unmittelbare Seherfahrung, besser noch den haptischen Kontakt. Der sorgsam tastenden Hand erschließt sich eine vielschichtig schorfige Struktur, in der puristisch gewählte Materialien wie Marmorstaub, Tempera, Leinen und Inoxstahl sich verbinden zu überraschender Wärme und den Impuls auslösen, sich in tiefere Schichten zu kratzen, um zu verstehen.

Es wäre jedoch ein Irrtum, den Marmorstaub als Quelle der Faszination zu orten. Seine Verwendung am Ort des Entstehens der Bilder  ist stimmig, und doch stellt er nicht mehr als das Terroir für die Komplexität. Die Tiefe in Hofers Werken entsteht durch einen Malakt, welcher Seherfahrungen, die Emotionen auslösen, durch hochsensibles Erleben filtert, Stimmung und Geist in Farbe und Struktur übersetzt.

Die großen Fragen um Leben und Tod werden im Kraftfeld von Wärme und Kälte, Nähe und Distanz mit unermüdlicher Beharrlichkeit der Feuerprobe einer Metamorphose ausgesetzt, die uns irgendwohin zwischen hier und dort reisen lässt.